EMS Training mit Spirale
Die Elektromyostimulation (EMS) des Beckenbodens gewinnt als Therapie bei Inkontinenz und Beckenbodenschwäche zunehmend an Bedeutung. Frauen mit einer klassischen Kupferspirale oder der Kupferkette GyneFIX® stellen sich häufig die Frage, ob das EMS Training als Frau trotzdem sicher durchgeführt werden kann. Die medizinische Bewertung, die wir in diesem Artikel thematisieren, basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Herstellerangaben zur Sicherheit der kombinierten Anwendung von EMS-Training mit Spirale.
Der Hersteller der GyneFIX® gibt grünes Licht und spricht dazu eine Empfehlungen aus > mehr dazu
Wie funktioniert EMS (Elektromyostimulation) für die Frau?
Die Elektromyostimulation (EMS) verwendet schwache elektrische Impulse, um den Körper und die Beckenbodenmuskulatur zu stimulieren und zu kräftigen. Diese Technologie wird erfolgreich in der medizinischen Rehabilitation als eine Trainingsmethode eingesetzt und kann bei verschiedenen Formen der Inkontinenz sowie Beckenbodenschwäche helfen. Die Erfahrungen mit EMS bei Blasenschwäche sind vielversprechend. Die elektrischen Impulse beim EMS-Training imitieren natürliche Nervenimpulse und führen zu kontrollierten und gezielten Muskelkontraktionen der umliegenden Muskulatur, sozusagen als Krafttraining für den Beckenboden. Für die Stimulation des Beckenbodens der Frau kann eine Sonde verwendet werden oder ein Emsella-Stuhl, welcher elektromagnetische Wellen absondert.
Anwendungsgebiete von EMS Training
- Stressinkontinenz durch Stärkung der Beckenbodenmuskulatur
- Dranginkontinenz durch beruhigende Wirkung auf die Blasenmuskulatur
- Mischinkontinenz als Kombination beider Therapieansätze
- Beckenbodenschwäche nach Schwangerschaft oder Operation
Zusammensetzung einer Kupferspirale
Die Kupferkette GyneFIX® unterscheidet sich von herkömmlichen Kupferspiralen durch ihre flexible Form und spezielle Verankerungstechnik, die sie frei und diskret in der Gebärmutterhöhle baumeln lässt und optimal den natürlichen Bewegungen der umliegenden Muskulatur anpasst. Alle Kupferspiralen nutzen Kupferionen zur Verhütung und sind hormonfrei. Die Gesamtkupferoberfläche beträgt bei modernen Systemen etwa 380±23 mm².¹ Kupfer-IUDs (Intrauterine Devices) wie die GyneFIX® gelten als sehr sichere Langzeitverhütungsmethoden mit einem Pearl-Index von 0,2.⁷
Ist EMS mit Kupferkette GyneFIX® möglich?
Dr. Dirk Wildemeersch, der Entwickler der Kupferkette, äußerte sich in einer Stellungnahme zur Kombination mit EMS Training. Seine Einschätzung lautet: ›You can try the genital electrostimulation for one session of 10 treatments and then visit your gynecologist to check the position of the GyneFix.‹ (dt.: Sie können die genitale Elektrostimulation für eine Sitzung mit 10 Behandlungen ausprobieren und dann Ihre Gynäkologin / Ihren Gynäkologen aufsuchen, um die Position der GyneFix zu überprüfen.) Er vertraut darauf, dass ›the EMS has no impact on the uterus, only the muscles of the pelvic floor.‹ (dt.: EMS hat keine Auswirkungen auf die Gebärmutter, nur auf die Beckenbodenmuskulatur.)²
Die Canadian Physiotherapy Association führt Kupfer-IUDs als Vorsichtsmaßnahme bei dem EMS Training auf. Die Empfehlung lautet, bei auftretenden Beschwerden die Behandlung sofort zu beenden und medizinischen Rat einzuholen.
Professionelle EMS-Gerätehersteller wie TensCare geben spezifische Warnhinweise heraus. In der Gebrauchsanweisung heißt es: ›Caution should be used if you have a copper IUD. If discomfort occurs, discontinue treatment immediately‹ (dt.: Vorsicht ist geboten, wenn Sie eine Kupferspirale haben. Bei auftretenden Beschwerden brechen Sie die Behandlung sofort ab.). Als Begründung wird angegeben: ›There is a small risk of stimulating the uterine wall if the IUD is not correctly positioned.‹ (dt.: Es besteht das geringe Risiko einer Stimulation der Gebärmutterwand, wenn die Spirale nicht korrekt positioniert ist.)
Das Thema wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Die einen halten es für unbedenklich, die anderen gehen davon aus, dass es das Risiko für ein Verrutschen oder eine Ausstoßung der Spirale erhöht. Die Gebrauchsinformation einiger EMS-Geräte warnen Anwenderinnen einer Spirale vor der Nutzung davor, dass die Spirale (Hormonspirale oder Kupferspirale, Goldspirale, Kupferball) verrutschen (Dislokation der Spirale) oder ausgestoßen (Expulsion der Spirale) werden könnte. Durch die Fixierung im oberen Gebärmuttermuskel ist die Kupferkette GyneFIX® anders als klassische Spiralen und das Risiko für Verrutschen oder Ausstoßung (Expulsion) im Zusammenhang mit EMS reduziert.
Unsere Dokumentation zeigt bisher keine erhöhte Fallzahl von Expulsionen der Kupferkette im Kontext der Anwendung einer EMS-Sonde oder dem EMS-Beckenboden-Stuhl (Modelle wie emsella®, PelviPower®, PelvicFMS®, EMP CHair pro®, Pelvic Chair®, EMS PelviChair Flex® ). Zur Sicherheit könntest du, wie der Entwickler empfiehlt, nach 10 Anwendungen einen Kontrolltermin in deiner gynäkologischen Praxis vereinbaren und die Position der Kupferkette überprüfen. In der Zwischenzeit kannst du ein zusätzliches Verhütungsmittel anwenden, z.B. ein Kondom oder Frauenkondom. Sollte sich die Kupferkette GyneFIX® durch deine EMS-Anwendung wider Erwarten lösen und verloren gehen, dann kann uns deine GyneFIX-Praxis dies melden und kostenlos eine neue beantragen > Unerwartetes Ereignis melden
Risikobewertung bei EMS-Training mit Spirale
Die Hauptbedenken bei der Kombination von EMS und Spiralen auf Kupferbasis betreffen:
- Elektrische Wechselwirkungen: Kupfer ist ein leitfähiges Material, das theoretisch die elektrischen Felder der EMS beeinflussen könnte. Es hat jedoch ergeben, dass bei korrekter Anwendung keine gefährlichen Wechselwirkungen auftreten.
- Lageveränderung der Spirale: Eine intensive Stimulation der Gebärmuttermuskulatur könnte theoretisch die Position des Intrauterinpessars beeinflussen. Moderne EMS-Geräte für den Beckenboden arbeiten jedoch mit niedrigen Intensitäten, die primär die äußere Beckenbodenmuskulatur ansprechen und nicht die Gebärmuttermuskulatur.¹
- Kontraktionen der Gebärmutter: Bei falscher Elektrodenplatzierung oder zu hoher Intensität könnten unerwünschte Gebärmutterkontraktionen ausgelöst werden.
In der klinischen Praxis werden regelmäßig Frauen mit Kupferspiralen erfolgreich mit EMS behandelt. Schwerwiegende Komplikationen sind in der Literatur nicht dokumentiert. Die meisten Fachexperten stufen das Risiko als gering ein, empfehlen aber Vorsichtsmaßnahmen, darunter die Nachkontrolle per Ultraschall in einer gynäkologioschen Praxis.²
Empfehlungen für EMS mit Spirale
a) Vor dem Training
Gynäkologische Kontrolle: Überprüfung der korrekten Position deiner Spirale.
Aufklärung: Detaillierte Information über mögliche Risiken eines EMS Trainings mit Spirale.
Kontraindikationen ausschließen
b) Während der Behandlung
Niedrige Startintensität: Langsame Steigerung der Stimulationsstärke.
Patientenmonitoring: Aufmerksame Beobachtung durch Fachpersonal sowie schnelle Maßnahmen bei Komplikationen.
Sofortiger Stopp: Bei Schmerzen, Krämpfen oder Unwohlsein.
c) Nach dem Training
Nachkontrolle: Gynäkologische Nachuntersuchung nach den ersten 10 Sitzungen.²
Langzeitbeobachtung: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen in einer gynäkologischen Praxis (1x jährlich)
Kontraindikationen für EMS
Schwangerschaft oder Schwangerschaftsverdacht
Akute Infektionen im Beckenbereich
Nicht korrekt positionierte Spirale
Starke Beckenschmerzen unklarer Ursache
Sehr schmerzhafte Menstruation
Endometriose
Vorherige negative Erfahrungen mit EMS
Fazit
Die vorliegenden Daten und Expertenmeinungen zeigen, dass das Trainieren mit EMS bei Frauen mit Kupferkette GyneFIX® oder Kupferspirale grundsätzlich problemlos durchgeführt werden kann. Das theoretische Risiko ist als gering einzustufen, wenn entsprechende Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden.
Eine erfolgreiche Behandlung erfordert immer eine erfahrene Therapeutin oder einen erfahrenen Therapeuten, mit der oder dem du die Übungen durchführst, eine enge Zusammenarbeit mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt, individuell angepasste Behandlungsprotokolle sowie regelmäßige Lagekrontrollen deiner Spirale.
Stand: 24.06.2025
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Quellen
¹CooperSurgical, Inc. (2021): PARAGARD® (intrauterine copper contraceptive) – Prescribing Information. FDA-zugelassene Fachinformation. [online] https://www.paragard.com/ [abgerufen am 24.06.2025]
²Contrel Europe zu finden unter https://www.contrel.be/
³Houghton, Pamela E.; Nussbaum, Ethne L.; Hoens, Alison M. (2010): Electrophysical Agents: Contraindications and Precautions: An Evidence-Based Approach to Clinical Decision Making in Physical Therapy. Physiotherapy Canada, Volume 62, Issue 5, Seiten 1-80. [online] https://www.physiotherapycanada.ca/ DOI: 10.3138/ptc.62.5 [abgerufen am 24.06.2025]
⁴TensCare Ltd (2024): itouch sure – Instructions for Use. Gebrauchsanweisung für EMS-Gerät zur Beckenbodentherapie. TensCare Ltd, Epsom, Surrey, UK. [online] https://www.tenscare.co.uk/ [abgerufen am 24.06.2025]
⁵World Health Organization – WHO (2022): Family Planning: A Global Handbook for Providers. 2022 update. [online] https://www.who.int/publications/i/item/9780999203705 [abgerufen am 24.06.2025]
⁶World Health Organization – WHO (2015): Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use – 5th edition. ISBN: 9789241549257. [online] https://www.who.int/publications/i/item/9789241549257 [abgerufen am 24.06.2025]
⁷Bei den zum Pearl-Index angegebenen Daten handelt es sich um den typical-use Wert. Dieser Wert gibt die Sicherheit einer Verhütungsmethode unter realen Bedingungen an und schließt mögliche Anwendungsfehler mit ein. In unserem Beitrag zum Pearl-Index haben wir dir dazu alles im Detail erklärt.