Genitale Schmerzstörungen: Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie
Viele Frauen erleben Schmerzen im Genitalbereich, besonders beim Sex oder bei gynäkologischen Untersuchungen. Die häufigsten Formen sind Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie. Diese Beschwerden können das Leben und die Sexualität der betroffenen Frauen stark beeinträchtigen, doch es gibt Hilfe und wirksame Therapien.
Was bedeuten die Begriffe Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie?
- Dyspareunie: Schmerzen beim Eindringen (Penetration), obwohl dies möglich ist.
- Vaginismus: Das Einführen eines Penis, Fingers oder Tampons ist trotz Wunsch der Frau kaum oder gar nicht möglich, weil sich die Beckenbodenmuskulatur unwillkürlich stark verkrampft.
- Vulvodynie: Brennen, Jucken oder Schmerzen im Bereich der Vulva (äußere Geschlechtsorgane), ohne dass eine Infektion oder andere eindeutige Ursache gefunden wird.
Wie entstehen diese Beschwerden?
Bei allen drei Formen spielen oft sowohl körperliche als auch seelische Faktoren eine Rolle. In vielen Fällen sind die Beckenbodenmuskeln dauerhaft angespannt und verhindern ein schmerzfreies Eindringen. Negative Erfahrungen, wie schmerzhafte Penetration oder unangenehme gynäkologische Untersuchungen, können einen „Teufelskreis“ aus Angst, Anspannung und erneutem Schmerz auslösen. Mit jeder neuen Schmerzerfahrung verstärken sich Angst und Muskelverspannung, was die Beschwerden aufrechterhält.
Bei Vulvodynie sind die Ursachen vielfältig und nicht immer eindeutig. Neben einer Überempfindlichkeit der Nerven können auch psychische Belastungen, Stress oder frühere negative Erfahrungen eine Rolle spielen. Die Vulva sieht dabei meist normal aus, es gibt keine sichtbaren Veränderungen.
Wie häufig sind diese Beschwerden?
Schmerzen beim Sex sind nicht selten: Etwa jede fünfte Frau erlebt im Laufe ihres Lebens Schmerzen bei der Penetration. Die genitale Schmerzstörung Vaginismus ist seltener, viele Betroffene suchen aus Angst oder Scham lange keine Hilfe.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Deine Ärztin oder dein Arzt führt mit dir ein ausführliches Gespräch über deine individuellen Beschwerden und deine Sexualität. Wichtig ist es, andere körperliche Ursachen wie Infektionen oder anatomische Besonderheiten auszuschließen. Bei der gynäkologischen Untersuchung wird behutsam geprüft, ob und wo Schmerzen auftreten und wie die Beckenbodenmuskulatur reagiert. Manchmal werden auch gezielt bestimmte Muskeln abgetastet, um Schmerzpunkte zu finden. Gute Zusammenarbeit zwischen dir und deiner Gynäkologin bzw. deinem Gynäkologen ist hier wichtig, um die Untersuchung so angenehm wie möglich zu gestalten. Und ganz wichtig: Schmerzen müssen dir keinesfalls peinlich sein! Kommuniziere ganz offen und halte keine Schmerzen aus oder geheim.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Therapie richtet sich immer nach deinen individuellen Beschwerden und Bedürfnissen. Besonders bewährt hat sich ein sogenannter multimodaler Ansatz, der verschiedene Bausteine kombiniert:
- Sexualtherapie: Schrittweise lernst du, deinen Körper besser kennenzulernen und die Beckenbodenmuskulatur zu entspannen. Übungen zur Selbstwahrnehmung und behutsame Einführübungen mit dem Finger oder speziellen Hilfsmitteln (Dilatoren) helfen, dir die Angst vor Schmerzen abzubauen. Auch dein Partner kann, wenn du das möchtest, in die Therapie einbezogen werden.
- Beckenbodentherapie: Spezielle Physiotherapie oder Osteopathie kann helfen, verspannte Muskeln zu lockern und Schmerzen zu lindern.
- Medikamente: Bei Vulvodynie können Magnesium und bestimmte Medikamente (wie niedrig dosierte Antidepressiva) die Schmerzwahrnehmung verändern. Salben oder Cremes sollten nur nach ärztlicher Empfehlung verwendet werden.
- Psychotherapie: Bei starken Ängsten, Depressionen oder traumatischen Erfahrungen kann eine begleitende psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein.
Wichtige Hinweise für Betroffene
- Du bist mit deinen Beschwerden nicht allein und musst dich keinesfalls schämen. Viele Frauen erleben ähnliche Probleme.
- Die Beschwerden sind behandelbar – auch wenn der Weg manchmal Geduld erfordert.
- Such dir Unterstützung bei spezialisierten Ärztinnen, Therapeuten oder Beratungsstellen, hol Beratung ein. Eine Liste zertifizierter Sexualtherapeutinnen findest du zum Beispiel bei der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft.
- Digitale Angebote, wie die App „Hello Better“, können ergänzend helfen.
Fazit
Genitale Schmerzstörungen können das Leben stark belasten und mit Scham behaftet sein – aber sie sind kein Schicksal, das du einfach hinnehmen musst oder „ertragen sollst“. Mit Verständnis, Geduld und der richtigen Therapie können die Beschwerden deutlich gelindert werden und du kannst wieder mehr Lebensqualität und Freude an Sexualität gewinnen.
Fachartikel und Quelle: FRAUENARZT